Die Härte der Magersucht
“Wie Viel Wenig ist Genug?
Mein Ausbruch aus der Magersucht”
Die Autorin schreibt sehr eindringlich, reflektiert, ehrlich und anschaulich, wie es sein kann, dass ein junges, kluges, integriertes Mädchen in die Magersucht abrutscht. Das kann man als Außenstehender oft gar nicht, nicht einmal ansatzweise, nachvollziehen. Gedanken, Gefühle, Verhaltensweisen – all das wird chronologisch aus erster Hand wiedergegeben. Dadurch entwickelt der Text eine ganz eigenen Dynamik. Besonders “spannend” fand ich als Leserin, dass Standard-Behandlungsprogramme nicht unbedingt fruchten, dass die Krankheit, ihre Ausprägungen, Symptome und Hintergründe oft so vielfältig und komplex sind, dass eine individuellere Behandlungsweise angesagt wäre, – zumindest für langfristigen Erfolg. Denn die Rückfallquote und leider auch die Todesrate ist (viel zu) hoch.
Die Reduzierung der Nahrungsaufnahme auf ein lebensbedrohliches Maß ist so ein erschreckendes Thema, dass viele Menschen nichts davon wissen wollen. Gerade deshalb ist dieses Buch so wichtig. Auch weil es nicht pauschal Schuldzuweisungen erlaubt, sondern in der Detailliertreue und sprachlichen Genauigkeit so viel preisgibt. und einen Einblick gewährt in eine Zeit, die die Autorin zum Teil jetzt selbst kaum noch nachvollziehen kann. Man bekommt eine Ahnung vom Leben der Betroffenen, vom dem Sog, den Zwängen, den Gedankenkarussells …
Der (vermeintliche) Anfang war “nur” eine kleine Diät …
Auch die Erziehungsberechtigten kommen teilweise zu Wort, was ich sehr interessant fand. Als Eltern / Geschwister / Familie ist es sicher, auch kaum auszuhalten und verlangt mehr, als man leisten kann auf Dauer, denke ich.
Auf Leben und Tod – eine Thematik, die in jungen Jahren eher wenig präsent ist. Die Tücke der Krankheit Magersucht wird immer noch unterschätzt, begegnet uns aber viel häufiger als gedacht. Auch und gerade im Alltag, im Bekanntenkreis. Dieses Tabu zu brechen, hinzuschauen, ernsthaft und lösungsorientiert, respektvoll zu (be)handeln, endlich zu reden vor allem – das ist ein wichtiges Anliegen der neuen Generation (indirekt) Betroffener. Chapeau!
PS. Es gibt ein wunderbares, mutmachendes, aber keineswegs verklärtes Ende! Lesetipp!
Zur Autorin: Lea-Sophie Steiff wurde 1997 in Rheinland-Pfalz nahe der südlichen Weinstraße geboren, wo sie noch heute lebt. Während ihrer Schul- zeit erkrankte sie an Magersucht und verbrachte einige Monate in einer Klinik. Nach jahrelangen Rückschlägen und Fehlversuchen, die Essstörung loszulassen, brach sie jegliche Form der konventionellen Therapie ab und suchte sich ihren eigenen Weg. Nach ihrem Abitur 2017 verbrachte sie ein halbes Jahr als Freiwilligenhelferin in Neuseeland. Mit ihrem anschließenden Sportstudium lernte sie das Kraft- training für sich zu nutzen und entwickelte ein neues Körpergefühl, was mitunter wesentlich zu ihrer Genesung beitrug. »Wie viel wenig ist genug? Mein Ausbruch aus der Magersucht« ist ihr erstes Buch.
Buchtipp: Dein Familienkompass (Nora Imlau) | HypnoBirthing. Das Hörbuch |
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